Geschichte der Wanderer Werke - Nostalgie-Aktien

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Geschichte der Wanderer Werke

Aktienhistorie

Das Unternehmen Wanderer ist ein bedeutender ehemaliger deutscher Hersteller von Fahrrädern, Motorrädern, Autos, Lieferwagen, Werkzeugmaschinen und Büromaschinen. Über das Vermögen der Wanderer-Werke AG, zuletzt als Finanzholding ohne eigenen Geschäftsbetrieb tätig, wurde im Juli 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Den Namen „Wanderer“ bezogen die beiden Firmengründer Winklhofer & Jaenicke aus der Übersetzung der Bezeichnung „Rover“, die der Engländer Starley seinen Modellen gab.
Die Wurzeln von Wanderer gehen bis in das Jahr 1885 zurück. In diesem Jahr gründeten Johann Baptist Winklhofer und Richard Adolf Jaenicke in Chemnitz (Sachsen) die am 26. Februar 1885 ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft „Chemnitzer Velociped-Depôt Winklhofer & Jaenicke“ zum Verkauf und zur Reparatur von Fahrrädern. Wenig später fertigten sie bereits einige Hochräder selbst an und ab dem Winter 1885/1886 wurde eine fabrikmäßige Herstellung vorbereitet. Winklhofer und Jaenicke firmierten daher ab 4. Januar 1887 als „Chemnitzer Veloziped-Fabrik Winklhofer & Jaenicke“.
1894 erwarben Winklhofer und Jaenicke ein Areal von 19.000 m² in Schönau bei Chemnitz und bauten dort ein Verwaltungs- und Lagerhaus mit 52 Metern Front, einen Shedbau mit 2.500 Quadratmetern Nutzfläche, ein Maschinenhaus, ein Kesselhaus, einen Stall und Wagenremise. Für sich selbst errichteten die Unternehmer gegenüber ein Doppelhaus. Um 1900 war Wanderer zu einem bedeutenden Unternehmen auf dem Fahrradmarkt geworden und hielt verschiedene Patente, unter anderem für die erste deutsche Zweigang-Nabenschaltung.

Ab 1899 beginnt Wanderer mit der Serienproduktion von Fräsmaschinen. Dieser Schritt war maßgeblich dadurch motiviert, dass die zur damaligen Zeit auf dem Markt verfügbaren Fräsmaschinen nicht die Genauigkeitsanforderungen Winklhofers und Jaenickes erfüllten.

Das erste Motorrad wurde 1902 gebaut, 1903/04 begann die Serienproduktion von Schreibmaschinen der Marke „Continental" und 1909 die von Additions- bzw. Zweispeziesrechenmaschinen. 1905 kam der erste Autoprototyp „Wanderermobil“, 1907 kam der zweite und 1911 wurde auf dem Berliner Autosalon der Wanderer 5/12 PS Typ W1 gezeigt. 1913 konnte die Automobilserienproduktion aufgenommen werden.

„Wir hatten einen ganz niedlichen, kleinen Wagen im Auge, kleiner als alle bisher gebauten Wagen, niedrig im Anschaffungspreis, sparsam im Benzin-, Gummi- und Ölverbrauch, anspruchslos im Platzbedarf, aber großen Wagen gleich an Schnelligkeit und im Nehmen von Steigungen“,
schrieb Winklhofer später.

In Anlehnung an die im selben Jahr in Berlin uraufgeführte Operette „Puppchen“ von Jean Gilbert wurde das zierliche Auto (1,5 m breit, 3 m lang) nach einer Aufführung in Chemnitz vom Volksmund Puppchen genannt. Bereits 1913 kam die Weiterentwicklung zum W2, der 15 PS leistete. Zur Ausweitung der Autoproduktion baute Wanderer ein weiteres Werk im Chemnitzer Vorort Siegmar, das 1927 die Produktion aufnahm. Die weitere Entwicklung ging bis zum W8 5/20 PS im Jahre 1926/27. Für den Nachfolger des Puppchen wurde 1930 bei Ferdinand Porsche in Stuttgart die Konstruktion eines Sechszylinder- und zweier Achtzylindermotoren in Auftrag gegeben. Nur der Sechszylinder debütierte 1931 im W14 12/65 PS mit einem Dreiliter-Leichtmetallmotor, denn Probleme des Unternehmens ließen es von der Fahrzeugproduktion abrücken. Auch auf Druck der Dresdner Bank, die Wanderer Kredite über 5 Mio. Reichsmark gewährt hatte, verkaufte Wanderer Lizenzen für die schweren Motorräder an den tschechischen Ingenieur Dr. Fr. Janacek, der damit die Motorradmarke Jawa gründete, und schloss Mitte 1932 mit der auf Bestreben der Sächsischen Landesbank gegründeten Auto Union AG einen Kauf- und Pachtvertrag für das moderne Wanderer-Fahrzeugwerk in Siegmar ab. Im Auto-Union-Konzern wurden neben Audi, DKW und Horch weiter Automobile der Mittelklasse unter der Marke Wanderer gebaut.

Unter der Regie der Auto Union kam 1935 der W21, ein direkter Konkurrent zum Mercedes-Benz 170 V, auf den Markt. Insgesamt bot die Marke Wanderer ab diesem Jahr eine breitgefächerte Modellpalette von sechs Karosserien mit drei Motoren an. Vom erfolgreichsten Modell Wanderer W24 wurden rund 24.000 Exemplare hergestellt.

Die Wanderer-Werke selbst konzentrierten sich sehr erfolgreich auf die Produktion hochwertiger Werkzeugmaschinen, Schreibmaschinen, Rechenmaschinen und Fahrräder. Das Radsportteam des Werkes konnte viele sportliche Erfolge erringen.

In den 1950er Jahren setzte Wanderer wieder die Tradition als Büromaschinenhersteller fort. Das Unternehmen beteiligte sich 1953 zunächst zu 50 % an der Exacta Büromaschinen GmbH und späteren Exacta Continental GmbH in Köln. 1960 folgten die restlichen 50 %. Damit war Wanderer der damals größte westdeutsche Büromaschinenproduzent.

Um mit der rasanten Entwicklung des modernen Computerwesens Schritt halten zu können, hatte Wanderer einen elektronischen Tischrechner, die Wanderer Logatronic für die Mittlere Datentechnik entworfen, dessen Elektronik Wanderer beim Computerpionier Heinz Nixdorf entwickeln ließ. Infolge einer Unternehmenskrise wurde das Unternehmen 1968 schließlich an Nixdorf
verkauft und bildete von nun an den industriellen Kern der Nixdorf Computer AG.
Fahrräder mit dem Markennamen „Wanderer“ wurden seit 1998 wieder hergestellt. Seit 2006 geschah dies unter Federführung der Zwei plus zwei GmbH in Köln. Dort werden die Fahrräder entwickelt, in Deutschland hergestellt und von Manufactum sowie von ausgewählten Fachhändlern vertrieben. Die Wanderer-Werke AG treten dabei lediglich als Lizenzgeber für den Markennamen auf.
Ansonsten stellte sich die Wanderer-Werke AG 2008 als Finanzholding ohne eigenen Geschäftsbetrieb mit den Sparten Poststellen-Verwaltung (engl. "mailroom management") (über eine 50,1-%-Beteiligung an der börsennotierten Böwe-Systec-Gruppe), Kraftfahrzeugteile (Carl Kittel Autoteile GmbH, Kittel Supplier GmbH) und Verpackungsmaterialien (Karl Fislage GmbH & Co. KG, Merseburger Verpackung GmbH) dar. Zuletzt wurde der Konzern über zwei Jahrzehnte von Claus Gerckens geführt.

Als höchst problematisch erwies sich dabei die Tatsache, dass große Teile des Unternehmens auf Kredit finanziert worden waren. Die Kredite wurden dabei nicht nur durch Banken, sondern auch zwischen den Unternehmenstöchtern vergeben. Als die Sparte Kraftfahrzeugteile im Zuge der Absatzkrise der Automobilindustrie hohe Verluste einfuhr und sich gleichzeitig die Übernahme des US-Konkurrenten Bell & Howell durch die Böwe-Systec-Gruppe als Fehlinvestition herausstellte, ließen sich die Defizite nicht mehr auffangen, und die Wanderer-Gruppe brach Stück für Stück zusammen. Das Insolvenzverfahren wurde im Juli 2010 eröffnet. Während die Sparte Verpackungen noch über ein Management-Buy-Out an eine Investorengemeinschaft und Böwe Systec an die Possehl-Gruppe
verkauft werden konnten, musste der Bereich Kraftfahrzeugteile mit seinen rund 500 Mitarbeitern gänzlich schließen. Nur die Fahrräder wurden bis März 2013 noch unter dem Markennamen Wanderer produziert, zuletzt von der Zwei plus zwei GmbH.

Quelle: Wikipedia

 
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